#Tag 0 – Ein Tag vor Abreise
„Bist Du Dir sicher, dass Du das möchtest?“ … „Das hält die alte Karre doch nie im Leben durch“ … „Da kann man doch nicht ernsthaft drin übernachten, das ist doch viel zu eng und zu kalt!“ … „Na, das kann ja was werden – da bin ich mal gespannt, wie weit ihr kommt, bevor der ADAC anrücken muss“ …
Das und noch viel mehr musste ich mir die vergangenen Wochen und Monate immer wieder anhören, wenn ich von meinen Plänen erzählt habe, dass ich im Herbst mit Paul (mein großer Sohn) nach Norwegen möchte – im Bus! Und ich gebe zu: All diese Sprüche haben mein ohnehin schon sehr geschmälertes Selbstbewusstsein noch mehr in den Keller gejagt. Seit Tagen quälen mich Fragen wie „Haben die vielleicht alle recht? Ist das totaler Quatsch, was ich da vorhabe? Wird es Paul reichen auf so engem Raum mit mir, oder wäre er lieber – wie viele Kids in seinem Alter – zusammen mit den Eltern auf irgendwelchen Kreuzfahrtschiffen oder mit dem Flieger unterwegs?“. Ich könnte diese Liste noch fröhlich weiterführen, aber die Panikattacken vor der Abfahrt werden täglich mehr.
Zum Glück gibt es wenigstens ein paar Leute, die sich für uns freuen… sei es Pauls Mama oder meine Mutter und einige Freunde aus unserem Umfeld, die wirklich gesagt haben „Finden wir toll, dass ihr das macht!“ – ja, ich habe Eure Unterstützung durchaus wahrgenommen – habt herzlichen Dank dafür! Aber der Tag der Abreise steht nun bevor – es gibt eh kein wirkliches „Zurück“ mehr.
Nun ja… eigentlich hat der Bus ja schon viel geleistet. Wir waren insgesamt viermal in Bayern unterwegs und zweimal in den Niederlanden. Aber Norwegen wirkt dann doch wie eine unüberwindbare Hürde.
Fakt ist: Seit Monaten sprechen Paul und ich von diesem Trip – einmal nach Norwegen, und das in den Herbstferien! Diesen Termin immer vor Augen versuche ich also in den Wochen vorher den Bus so zu optimieren, dass ich mit reinem Gewissen zusammen mit ihm auf diese relativ weite Strecke gehen kann. Der Druck der Verantwortung meinem Kind gegenüber ist groß, und natürlich möchte ich nicht, dass er enttäuscht wird oder gar irgendwie in Gefahr kommt. Dazu möchte ich den „Ungläubigen“ einfach beweisen, dass ich eben doch recht hatte, mir den Bus anzuschaffen. Also baue und renoviere ich alles am Auto so gut, wie es mir mein nicht vorhandenes Fachwissen und meine 9 Finger erlauben (ja, die abgeschnittene Fingerkuppe vom Mai soll mich auch den Rest des Jahres noch begleiten und einschränken🙈).
Und wäre der Finger nicht genug an Handicap, so geht auch noch die alte Dieselheizung kaputt – die Zündkerze muss gewechselt werden, aber ich bin einfach zu doof dazu bzw. ist die Heizung so gut verbaut, dass ich keine Chance habe dranzukommen. Verdammt! Und das im Herbst – wir werden erfrieren! Oder vielleicht auch nicht😅
Also muss ich irgendwie mit Strom heizen🤔. Die Powerstation packt den kleinen Heizlüfter, aber wenn wir nicht an den Landstrom angeschlossen sind, ist die Powerstation dann nach drei Stunden leer. Kein Problem, wenn ich Solar auf dem Dach hätte (habe ich aber nicht und möchte ich auch nicht), für eine zweite Batterie mit Ladebooster ist zudem kein Platz mehr im Auto.
Als hätte es jemand gehört, kam diesen Sommer aber eine Ladestation vom Hersteller Ecoflow auf den Markt, die mein Problem lösen könnte! Diese lädt die Powerstation (in meinem Fall die Ecoflow Delta 2) während der Fahrt über die Lichtmaschine auf. Es gibt ein Kabel und ein kleines Kästchen (die Ladestation), die beide verbaut werden müssen. Da ich mich nicht an Elektrik dran traue, hilft mir ein Freund, das Teil in mein Auto zu integrieren (DANKE, STEFAN! Ohne Dich wären wir wahrscheinlich wirklich erfroren😅🙏🏻). Und was soll ich sagen: Das gute Stück funktioniert! Dieser Ladebooster lädt die Delta 2 mit bis zu 800 Watt während der Fahrt über die normale Lichtmaschine! So kann man die Powerstation also über Nacht fast leersaugen, wenn man am nächsten Tag wieder auf die Straße kommt und hat am Abend wieder eine zu 100 % geladene Stromquelle.
Ich entscheide mich noch dazu, dass die Induktionsplatte aus dem Bus fliegt. Jeder Verbraucher, der nicht gebraucht wird, muss weichen! Also koche ich diesmal ausschließlich auf dem kleinen Gaskocher (was auch kein Problem ist).
Ich kaufe am Amazon Prime Day noch zwei dicke Wolldecken und ein paar praktische Kleinigkeiten (u. a. einen kleinen Wasserkessel, mit dem ich mir künftig meinen Kaffee machen möchte). Eigentlich ist das Setup jetzt komplett!
Noch 24 Stunden bis zur Abfahrt! Ich bin so nervös, lasse mir vor Paul aber nichts anmerken, obgleich sich ein neuer MS Schub ankündigt🙈. Und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich NICHTS vorher geplant, keinen Parkplatz im Vorfeld gebucht, nach keinem Campingplatz Ausschau gehalten. Ich habe nur die grobe Richtung im Kopf. Den Rest müssen wir ab morgen spontan machen! Das ist die wohl bislang größte Herausforderung in meinem Leben😅
Vielen Dank für Deine Zeit!
Dein
Andy🍀