#persönliches

50 Jahr‘ – dünnes Haar! Oder: Wo bin ich eigentlich falsch abgebogen?

50! Eine Zahl, die mich seit Monaten beschäftigt. Diesmal ist es ganz anders als noch mit einer 20, einer 25, einer 30 oder 40. Die 50 triggert mich wie keine andere Zahl! Woran liegt das?

Für meine Begriffe habe ich meine „Midlifecrisis“ bereits hinter mir, und in vielen Dingen bin ich zum jetzigen Zeitpunkt deutlich ruhiger und weiser, als ich es noch vor fünf Jahren war. Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich diesmal noch mehr über die Bücher gehen muss, als ich es die vergangenen Jahre getan habe. 

Mich quälen fast alle W-Fragen: Was habe ich falsch gemacht? Wann habe ich mich falsch entschieden? Wieso habe ich das so gemacht? Warum habe ich nicht eher reagiert? Und vieles mehr…

Ich bin offen: Es lief schon einmal „runder“ in meinem Leben. Ich war ein gefragter und erfolgreicher Arrangeur und Musikproduzent, die Arbeit hat mir alles abgefordert, aber der Erfolg hat mir recht gegeben. Dann kam das MP3-File und der komplette Musikmarkt hat sich quasi über Nacht verändert; die Umsätze brachen dramatisch ein, und man wusste nicht so recht, wo die Reise hingeht (so fühlt es sich heute wahrscheinlich für die vielen Kollegen beim Thema „KI in der Musik“ an). Also musste ich mich immer und immer wieder neu erfinden.

Ich habe mir nebenbei ein neues Business aufgebaut: Ich war nachweislich einer der Ersten in Deutschland, dessen mit einer Canon 5D MK II (ja, ein Fotoapparat!) gefilmtes Material im TV „on Air“ gegangen ist (dank eines lieben Freundes bei RTL, der damals sehr an mich geglaubt hat🙏🏻 Danke, Alex!). Es folgte eine Filmfirma für Imagefilme, zusammen mit einem langjährigen Auftraggeber. Alles schien perfekt, und ich war wieder im Game! Allerdings war auch dieser Markt schnell abgegrast, und die Mitbewerber kämpften mit Dumpingpreisen, bei denen wir nicht lange mitgehen konnten. Mein Imagefilm-Mitstreiter zog nebenher ebenso ein eigenes YouTube-Business hoch, wo für mich kein Platz war. Und auch hier war wieder ohne Vorankündigung bei mir plötzlich Stillstand angesagt. Wieder alles auf null, wieder alles auf Anfang.

2015 habe ich – nach 25 Jahren Freiberuflichkeit – in ein festes Angestelltenverhältnis gewechselt. Das war großartig und hat mir die nötige Ruhe ins Familienleben gebracht, die ich mir so lange so sehr gewünscht habe. Endlich pünktliche Gehaltszahlungen, endlich fester und bezahlter Urlaub, und wenn man krank ist, muss man auch nicht arbeiten.

Es folgten zeitnah noch einige Katastrophen, die umschifft werden mussten, auf die ich nicht näher eingehen möchte. Und dann kam 2020…

Das Jahr geht wohl in die Geschichte ein. Das Coronavirus hat uns alle voll im Griff, plötzlich läuft das Leben anders… keiner weiß so recht, was gerade abgeht – die Nerven liegen einfach überall blank. Und als wäre das nicht genug, trennte sich meine Frau dann im September ’20 von mir – nicht, dass es mich noch sehr überrascht hätte, aber ein Schock war es dann trotzdem. Mein Leben war also gefühlt komplett vor die Wand gefahren!

Im März 2022 kam die Diagnose MS, mit der ich fortan versuche, durch den Tag zu kommen. Mal geht es gut, mal geht es schlecht. Es ist und bleibt Amplitudenhaft. 

Heute stelle ich mir ganz laut die Frage: Welche dieser Katastrophen hätte ich vermeiden können, bzw. was hätte ich anders machen können, damit es irgendwie runder läuft? Wo bin ich vielleicht falsch abgebogen im Leben? Und wo stehe ich gerade überhaupt? Hätte, hätte, Fahrradkette… im Gegensatz zum offensichtlichen Rest der Welt, habe ich keinen Baum gepflanzt, kein Haus gebaut, ich fahre auch kein „ökologisch großartiges E-Auto“, sondern einen 21 Jahre alten Diesel, meine Frau ist weg… ich könnte die Liste noch lange so weiterführen. Aber dann: 

Vor mir steht das Geburtstagsgeschenk von Jakob – ein Bilderrahmen mit Fotos von ihm und mir zusammen mit den Worten „I love you, Papa❤️“, daneben liegt der selbstgenähte Kissenbezug von Paul – meinem großen Sohn, den er für mich und den Bus gemacht hat mit den Worten „Für den besten Papa der Welt“ – und ich weiß bei beiden, dass sie es ehrlich meinen und nicht nur so schreiben, weil es diktiert wurde. Und spätestens jetzt merke ich: Eigentlich habe ich doch vieles richtig gemacht, und ich darf nicht in der Vergangenheit leben, sondern im JETZT! Ich liebe meine Kinder über alles und wünsche mir so sehr, dass beide glücklich und behütet erwachsen werden. Und natürlich möchte ich sehen, was aus den beiden wird! Man hat ja so seine Vorstellungen, wo die Reise hingehen könnte😉

Also setze ich mich am Abend meines Geburtstages alleine auf meine Couch und lächle still vor mich hin… weil eben doch nicht alles so schlimm ist, wie ich es mir die letzten Wochen und Monate ausgemalt habe.

Und jetzt stelle ich mir leise die Frage: Was wünsche ich mir eigentlich selbst für mich? Im Grunde ist es nicht viel: Gesundheit bzw. einen ruhigen Verlauf meiner Krankheit, ein bisschen mehr Ruhe und bewusstere Freizeit… und irgendwann vielleicht auch mal wieder einen Partner an meiner Seite, der mich liebt, wie ich eben bin und mit dem ich Abends den einen oder anderen Sonnenuntergang Hand in Hand zelebrieren kann. Ja, das klingt schön just in diesem stillen Moment! Träume darf man ja auch mit 50. noch haben, oder?

Ab ins Bett. Morgen geht der Irrsinn von vorne los. 

Hab herzlichen Dank für Deine Zeit!

Dein
Andy🍀

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